Schweigen ist keine Pflicht

Nicht nur am Holocaust Gedenktag gibt es in Israel eine Schweigeminute. Es ist eine sehr eindringliche und ausdrucksstarke Art dem Gedenken einen gebuehrenden Platz im Leben der Gemeinschaft und eines jeden Einzelnen zu verleihen. Morgen ist Israelischer Unabhaengigkeitstag. Einen Tag zuvor gedenkt man den Gefallenen in allen Kriegen und der Terroropfer. Auch an diesem Tag heulen die Sirenen und das hektische Leben stoppt, als haette jemand die Pause Taste gedrueckt.

Wir stehen auf dem Balkon in Eilat und schauen auf den Platz vor dem Hotel. Meine Gedanken gehen zu den zwei jungen Witwen, die gestern im Fernsehen ihre Geschichten erzaehlten. Beide sind erst 21 Jahre alt und beide sind Muetter eines noch nicht einmal ein Jahr alten Babies. Jede von ihnen hat ihren Mann bei der Verhinderung eines Attentates verloren, wodurch andere Menschenleben gerettet wurden. Fuer diese jungen Frauen hat das Leben gerade erst begonnen und schon scheint es zerschmettert. Im Moment hangeln sie sich von einer Stunde zur naechsten, die Zukunft wurde ihnen genommen, alle Plaene und Traeume sind erst mal dahin.

Unten stehen die Leute regungslos mit gesenkten Koepfen. Auf der Strasse Autos mit offenen Tueren, die Insassen daneben. Eilat ist eine Touristenstadt, Menschen aus verschiedenen Laendern stehen zusammen, ehren den Brauch des Landes und halten inne. Nur drei Maenner laufen schnurstraks mit gehobenen Koepfen zwischendurch, als hoerten sie das ohrenbetaeubende heulen nicht. Sie reden laut miteinander. Es sind Araber; Vielleicht israelische Araber, vielleicht Jordanier, die hier arbeiten oder Touristen aus einem muslimischen Land. Von Allen gibt es in Eilat genug. Ich erwarte nicht, dass sie Israels gefallene Soldaten ehren oder dass sie sich in irgendeiner Weise mit diesem Tag identifizieren. Aber sie koennten wenigstens den Mund halten in dieser Minute oder stehen bleiben und leise weiter reden. Es geht hier nicht um Politik. Es geht darum die Trauer Anderer anzuerkennen und um die Hoffnung es moege keine weiteren Tragoedien geben.

13 Gedanken zu “Schweigen ist keine Pflicht

  1. es gibt auch die Charedim, die da nicht stillstehen und gedenken. Leider. Und das auch oft am Yom HaShoa, obwohl dort auch genug Familien dabei sind, bei denen Angehoerige beim Shoa waren.

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