Kunst zwischen Angst und Tod

Das wollte ich schon lange mal tun: eine Fotoserie der Graffiti auf den freistehenden Bünkerchen, die im südlichen Teil Israels überall verstreut stehen.

Bei unseren vielen Touren durch das Land fielen sie mir immer wieder ins Auge. An jeder Bushaltestelle, an Straßenecken und manchmal an unscheinbaren Orten stehen, was man „Migunit“ nennt – frei übersetzt bedeutet das „kleine Abschirmung“.

Ein Migunit ist ein kleiner, frei stehender Luftschutzbunker (normalerweise ohne Türen oder Fenster), der Menschen, die sich gerade im Freien bewegen, Schutz vor Hamas-Raketen bieten. Zum Beispiel, Kinder auf dem Heimweg von der Schule, Radfahrer beim morgendlichen Sport, Opa beim Spaziergang mit dem Hund, oder junge Musikfestivalbesucher.

Diese Betonbauten sind nicht zu übersehen, denn alle sind wunderschön bemalt.

Ich fand immer, sie bieten eine faszinierend surrealistische Ansicht. Es sind Orte der Angst, aber sie bieten Schutz und müssen leicht auffindbar sein. Also hat man sie wenigstens visuell einladend gemacht. Das gesamte Konzept ist für Israel sehr einzigartig und bezeichnend.

Ich hatte mir vorgenommen, einen Ausflug zu machen, speziell um einige dieser Kunstwerke zu fotografieren, kam aber bisher nicht dazu. Jetzt bin ich dankbar, dass jemand anders es getan hat. Ich habe das Foto-Essay von Cori Shalit, das nach dem 7. Oktober veröffentlicht wurde hier übersetzt:

Die bemalten Bünkerchen repräsentieren Widerstandskraft.  – besonders jetzt, wo sie mit jüdischem Blut befleckt sind. Ein Fotoessay von Cori Shalit .

 

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Gefühle, für die es keine Worte gibt

Gefühls-Chaos

Itay Gross, ein friedlich lebender Israeli, der bis zum frühen Morgen des 7. Oktobers 2023 seinem Alltag in der Hightech Welt nachging, und nebenbei noch ein paar Kinderbücher verfasste, listete seine ungeordneten Gefühle auf. Hier seine Liste.

Einen Monat nach dem 7. Oktober möchte ich mit Euch einige meiner Gefühle teilen:

– Verstört und aufgewühlt.

– Gestresst.

– 360 Grad rundum bedroht von Gaza, Libanon, Jemen, Syrien, Irak, Iran, dem Westjordanland und Israel selbst.

– Ich möchte zum normalen Leben zurückkehren.

– Ich muss weiter trauern.

– Ich möchte keine Nachrichten mehr lesen.

– Ich kann nicht aufhören, die Nachrichten zu lesen.

– Starkes Verlangen zu meiner persönlichen Sicherheit einen Waffenschein zu erwerben.

– Große Besorgnis über die zunehmende Zahl an Menschen, die mit Waffen herumlaufen, und die Folgen, die dies für unsere Gesellschaft haben wird.

– Dankbar für die vielen nicht-israelischen Freunde, die unterstützende Mails und Nachrichten senden, sich erkundigen, wie es uns geht, und Hilfe anbieten. Danke schön.

– Frustriert und wütend über die Ignoranz, den Hass, die Selbstgerechtigkeit und den Antisemitismus in Städten und Universitäten im ganzen Westen.

– In krasser Unterzahl. Juden machen weniger als 1 % der Weltbevölkerung aus, und offenbar mögen uns nicht viele Menschen oder sprechen uns jedenfalls nie das Recht zu, uns zu wehren oder in einem unabhängigen Land zu leben, in dem wir selbst regieren.

– Dass Israel kein sicherer Ort zum Leben und Aufziehen meiner Kinder ist.

– Dass Israel der einzige Ort ist, an dem ich leben, und meine Kinder großziehen kann (falls Du’s noch nicht gehört hast: Gestern wurde in LA ein Jude mit einer israelischen Flagge von Pro-Hamas-Demonstranten ermordet).

– Stolz darauf, dass sich so viele Israelis freiwillig melden, spenden, sich aufopfern, nach Israel zurückkehren, um zu kämpfen, ihre Familien und Kinder zu Hause lassen und kämpfen.

– Enttäuscht über mich selbst, dass ich nicht mehr tue.

– Ich schäme mich meiner Regierung, die, anstatt der Sache zu helfen, Bemühungen behindert und Zeit und Ressourcen darauf verwendet, sich politisch zu stärken. Oh, sie sind auch inkompetent und es mangelt ihnen am wenigsten an Einfühlungsvermögen.

– Tiefe Schande über die Siedlungsbewegung (unsere Version des religiösen Fanatismus), die wahllosen Hass und Gewalt verbreitet [allerdings kann man deren ‘Gewalt’ kaum mit dem Barbarismus der Hamas vergleichen].

– Ich habe das Privileg, dass meine Familie in Sicherheit ist.

– Demütig, inspiriert und voller Ehrfurcht durch die endlosen Geschichten über den selbstlosen Mut der Israelis. [die am 7. Oktober unglaubliche Heldentaten vollbracht haben, als sie sofort gen Süden heruntereilten, um Menschenleben zu retten und die Terroristen zu überwinden.]

– Fassungslos und sprachlos gegenüber der Überlebenden, der Familien der Opfer und der Geiseln.

– Traurig für die unschuldigen Menschen in Gaza, die schrecklich leiden, weil sie an einem der schlimmsten Orte der Erde unter einem extrem religiösen, ISIS-ähnlichen Regime geboren wurden, das sie als menschliche Schutzschilde benutzt.

– Nachdem ich jahrelang von einer friedlichen Lösung dieses Konflikts geträumt und dafür plädiert habe, weiß ich nicht mehr, wie dies je erreicht werden kann.

– Besorgt über die Zukunft der Juden und Araber in Israel, wissend, dass beide Seiten nirgendwo hingehen.

– Zu wissen, dass wir, selbst wenn wir mit der Hamas fertig sind, immer noch darüber nachdenken müssen, was wir mit dem Gazastreifen machen … und dann auch unsere interne politische Situation lösen müssen … oh, und die Hisbollah/Iran, die uns ständig im Norden angreift.

– Hoffnungslos und dennoch dankbar und glücklich, am Leben und gesund zu sein.

Mögen die von Hamas-Terroristen brutal Ermordeten in Frieden ruhen und die entführten Babys, Kleinkinder, Frauen, Männer, Soldaten und Alten so schnell wie möglich nach Hause zurückkehren.

Möge das Gute siegen.

📷 Eine der zahlreichen Ausstellungen in der Nähe meines Hauses im Zentrum von Tel Aviv:

Original veröffentlicht auf Linkedin: https://www.linkedin.com/posts/itay-gross_sharing-a-few-feelings-one-month-after-october-activity-7127634234747289600-_BXM/?utm_source=share&utm_medium=member_desktop